Adresse: Reisstraße 40, Dresden
Strukturen: JN, NPD, „Freie Kräfte“
Nutzung: Treffen, Vorträge, Materiallager
Die Reisstraße 40 liegt an der Grenze zwischen Leuben und Niedersedlitz. Das ehemalige Fabrikgelände des VEB Kosora Dresden umfasst mehrere Gebäude und Flachbauten und wird von der Firma Nestler GmbH und Co. KG vermietet. Unter anderem finden sich Proberäume, Ateliers und Firmen in dem Gebäudekomplex, desweiteren werden in Kleinanzeigen sog. „Stundenzimmer“ zur Miete angeboten. Spätestens seit dem zweiten Halbjahr des Jahres 2015 wurde die Immobilie von Nazis aus dem ehemaligen »Freie Kräfte Dresden«-Spektrum genutzt. Die Räumlichkeiten befinden sich im ersten Obergeschoss des etwas zurückgesetzten, vierstöckigen Mehrzweckhauses.
Der Raum in der Reisstraße kann als das Nachfolgeobjekt für die seit Ende 2014 nicht mehr zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten in der Niedersedlitzer Straße 56 gesehen werden. Diese wiederum hatten die Nachfolge für den Treffpunkt auf der Oskar-Röder-Straße angetreten, in der damals die sog. „Anti-Antifa-Akte“ gelagert und von Unbekannten gestohlen wurde. Diese Nachfolge belegt zum Beispiel die ähnliche Nutzung des neuen Objekts. Beispielsweise fand auch in der Reisstraße 40 mehrfach der »JN-Stammtisch« bzw. »Jugendstammtisch« statt. Seit 2016 erfolgten diese Treffen jedoch immer unregelmäßiger, was vor allem dadurch zu erklären ist, dass die Strukturen der NPD und JN angesichts der Konkurrenz durch die „Freie Kameradschaft Dresden“ (FKD), Identitäre und „Werra Elbflorenz“ immer weiter an Bedeutung verloren haben.
Zu den Schwierigkeiten der Betreiber:innen des Raumes gehört wohl auch die Lustlosigkeit an inhaltlicher wie organisatorischer Arbeit vieler Nazis. So soll beispielsweise FKD-Mitglied Nick Fischer meist lieber nur zum Zocken im Raum verweilt haben.
Die JN nutzt den Raum für Vortragsveranstaltungen, beispielsweise am 16. November 2016 für einen Vortrag mit Günter Deckert mit dem Thema »Die Zerstörung der deutschen Identität und des deutschen Volkes von 1945 bis heute«. Trotz struktureller Schwächen sind auch bis in den Sommer 2021 hinein Veranstaltungen der JN bekannt geworden. In der Vorbereitung und Durchführung von Demonstrationen spielen die Räumlichkeiten ebenso als Logistikpunkt eine zentrale Rolle, so beispielsweise im Rahmen des Naziaufmarsches am 17. Juni 2017 oder als Vortreffpunkt zur gemeinsamen Anreise für Demonstrationen. Häufig werden Demonstrationsmittel wie Fahnen oder Transparente aus dem Objekt abgeholt und im Nachgang zurück gebracht wie bspw. zuletzt zur Nazi-Trauerveranstaltung am 13. Februar 2021. Im Vorfeld des geplanten Übergriffes, in Leipzig-Connewitz am 11. Januar 2016 fand in der Location ein größeres Treffen statt, an dem auch Nazis aus Leipzig beteiligt waren.
Im Nachgang an eine antifaschistische Veröffentlichung des Objekts im Jahr 2017 wurden die zugehörigen Fenster mit Spanplatten verschlossen.
Die Reisstraße 40 wurde von verschiedenen lokalen Strukturen, wie der JN, der Freien Kameradschaft Dresden, den kurzlebigen „Freie Aktivisten Dresden“ oder Personen aus dem Umfeld dieser Strukturen genutzt. Es ist ein langjährig bekanntes Objekt in der Szene und bietet den Nazis einen Rückzugs- und Organisationsraum. Obwohl dieser nicht mehr regelmäßig öffentlich genutzt wird und es immer wieder in Nazikreisen Bemühungen gab, über die Zukunft des Raumes zu sprechen, ist er doch eine feste Konstante der rechten Szene.