Adresse: Frankenberger Straße 227, Chemnitz
Strukturen: Chemnitzer Kameradschaftsstrukturen
Nutzung: Kampfsport-Gym, Biker Bar Germania, Sitz der Chemnitzer Immobilien Gemeinschaft UG, Partys
Die Frankenberger Straße 227, ein größtenteils baufälliges, einzeln stehendes Haus am Rande der Stadt, ist das momentane Domizil Chemnitzer Kameradschaftsstrukturen, die aus den 2014 verbotenen „Nationalen Sozialisten Chemnitz“ (NSC) hervorgegangen sind.
Die Immobilie wurde 2013 von René Törjék, Ingo Dorn und Thomas Jeszek bei einer Zwangsversteigerung gekauft. Die Bietergemeinschaft soll den Zuschlag für eine niedrige vierstellige Summe erhalten haben. Alle drei sind Rocker und waren mutmaßlich in der Gruppe „Biker Bar Germania“ organisiert, die einen gleichnamigen Treffpunkt im Hinterhaus der Immobilie betreibt. Törjék starb 2017 im Alter von 47 Jahren bei einem Motorradunfall. Er galt früher als Mitglied der „Red Devils“ und soll im Jahr 2000 ein Rechtsrockkonzert in einem ehemaligen Clubhaus in der Claußstraße organisiert haben. Thomas Jeszek betreibt einen Briefmarkenhandel mit angeschlossenem Reisebüro – zunächst an der Markthalle in Chemnitz, heute von seiner Privatwohnung in Altendorf aus.
Das Haus Frankenberger Straße 227 beherbergt die Chemnitzer Immobilien Gemeinschaft UG, eine Gesellschaft zum Kauf, Verkauf, Sanierung und Vermietung eigener Immobilien. Der Geschäftsführer ist „Pro Chemnitz/Freie Sachsen“-Stadtrat und NSC-Mitglied Robert Andres. „Pro Chemnitz“-Chef Martin Kohlmann ist mit einem Geschäftsanteil von 500€ als Gesellschafter eingetragen.
Andres ist ebenfalls Mitglied im Verein „Sport und Bildung e.V.“, der als Trägerverein für das neonazistische Kampfsportturnier „Tiwaz“ und die Zeitzeugenvorträge im Raum Chemnitz dient. Die Mitglieder setzen sich größtenteils aus ehemaligen NSC-Kadern zusammen, darunter der stellvertretende Vereinsvorsitzende Tim Kühn. Eine Ausnahme bildet der Vereinsvorsitzende Steve Trodler, der ursprünglich aus Bautzen stammt. Er zählt im Gegensatz zu den anderen Vereinsmitgliedern subkulturell eher zur Neuheidentum- und Black-Metal-Szene. Schon 2005 organisierte Trodler NSBM-Konzerte im ostsächsischen Mücka. Ob er allerdings eine tragende Rolle im Verein spielt, darf bezweifelt werden. Als 2018 das erste „Tiwaz“ in Grünhain-Beierfeld stattfand, war Trodler noch am Schleusungspunkt eingesetzt, während seine Kameraden bereits das Event eröffneten. Mit Rico Aurich hat der Verein ein Urgestein der Chemnitzer Neonaziszene als Mitglied. Aurich war persönlich mit Uwe Mundlos bekannt und tauchte schon 1994 in polizeilichen Ermittlungsakten auf. Weitere Vereinsmitglieder sind die III.-Weg-Aktivistin Stephanie Sajovitz aus Mittelsachsen, der Chemnitzer JN-Aktivposten Tony Döge und Oliver Rempke. Der Name eines weiteren Mitglieds, Eric Fröhlich, war bis ins Jahr 2021 hinein am Briefkasten des Hauses in der Frankenberger Straße zu lesen. Er hatte schon bei den NSC eine wichtige organisatorische Rolle inne und verfügt über gute Verbindungen in das NSU-Unterstützer:innen-Umfeld.
Im Erdgeschoss hat sich das Chemnitzer Kampfsport-Gym „East Attack“ eingemietet, das als Kampfsportabteilung des Chemnitzer Fitnessstudios „Paramount“ fungiert. Thore Probst, Sohn der NSU-Unterstützenden Antje Böhm (ehem. Probst) und Michael Probst aus Limbach-Oberfrohna leitet das Gym und war hauptverantwortlich am Ausbau der Trainingsfläche beteiligt. Zu Probsts Trainingsgruppe zählen u.a. Leif Dressel, Sohn der NSU-Unterstützerin Katrin „Mappe“ Dressel, und Arno Knau.
Es wird darüber hinaus davon berichtet, eine rechte Fangruppe des Chemnitzer FCs habe in dem Objekt einen Raum bezogen. Eine weitere Initiative in der Frankenberger Straße ist zumindest laut Briefkasten das „Institut für kulturelle Ästhetik“ – ein angeblicher Verein, über den es keine öffentlichen Unterlagen gibt.
Vor 2018 soll das Haus vor allem Proberäume für weitgehend unpolitische Bands beherbergt haben. Dennoch war die Partei Der III. Weg wohl schon einige Male zu Gast. Bilder von Schulungsveranstaltungen der Partei lassen vermuten, dass diese in der Bikerbar stattfanden.
Abgesehen von einigen intern organisierten Partys fanden in der Frankenberger Straße 227 bislang keine öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen statt. Das dürfte unter anderem daran liegen, dass der Altbau und das Hinterhaus über keine geeigneten Räume verfügen, um Veranstaltungen mit mehr als 30 Personen durchzuführen. Aktuell befindet sich das Haus weiter in einer schleppend vorangehenden Sanierung, ein mehrere Jahre zurückliegender Brandschaden ist bis heute nicht behoben.